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Fr, 10:20 Uhr
21.04.2017
Kreisgebietsreform

Henning fordert Vertragsverhandlungen

Nach Bekanntgabe des Vorschlags des Innenministers zur Kreisgebietsreform wendet sich Landrat Dr. Werner Henning mit folgendem Brief an den Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen Herrn Bodo Ramelow und den Innenminister Herrn Holger Poppenhäger:...

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrter Herr Minister,

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gestatten Sie, mich im Zuge der von Ihnen beabsichtigten Kreisgebietsreform mit folgender sehr ernsthafter und in jeder Hinsicht konstruktiv gemeinter Konzeption an Sie zu wenden, um für die in dieser Art absolut singuläre, mit den Gegebenheiten bei den anderen Landkreisen in Thüringen so in keiner Weise vergleichbare Situation zwischen dem Landkreis Eichsfeld und dem Landkreis Unstrut-Hainich einen auf diesen Einzelfall zugeschnittenen Lösungsvorschlag wie folgt zu unterbreiten:

A.
Handlungskonzept des Landkreises Eichsfeld im Zuge der im Freistaat Thüringen u.a. zur Neuordnung des Verhältnisses zwischen dem Landkreis Eichsfeld und dem Unstrut-Hainich-Kreis angestrebten Neuordnung der Landkreise

1. Soweit die Überlegungen des Freistaates Thüringen zum derzeitigen Zeitpunkt bereits deutlich in der gestern von Ihnen bekanntgegebenen Presseinformation erkennbar geworden sind, ist - basierend auf den Vorschlägen in dem sog. Bogumil-Gutachten - beabsichtigt, dass die Landkreise Eichsfeld und Unstrut-Hainich zusammengelegt werden sollen.
Hierbei werden in dem Bogumil-Gutachten die Vorzüge einer solchen Zusammenlegung dieser beiden Landkreise so gut wie ausschließlich dahingehend benannt, dass übergreifende staatliche Verwaltungsstrukturen im Bereich Eichsfeld- / Unstrut-Hainich-Kreis bestehen (Finanzämter, Katasterämter, Landwirtschaftsämter). Zudem sei eine Schwerpunktregion für die Thüringer Landesentwicklung mit dem Entwicklungskorridor Bad Langensalza / Mühlhausen / Leinefelde-Worbis gegeben. Bei den Zug- und Straßenverbindungen existiere im nordwestlichen Bereich von Thüringen ein Verkehrsraum mit Heiligenstadt / Leinefelde-Worbis / Mühlhausen / Bad Langensalza (vgl. Bogumil-Gutachten, etwa S. 77).

2. Durch die am gestrigen Tage bekanntgegebenen Überlegungen des Landes zur Einbringung ins Kabinett am 2. Mai und zur Erarbeitung des Gesetzesvorschlages sowie das Bogumil-Gutachten wird aber dem Gegebensein der bestehenden Besonderheiten zwischen den beiden Landkreisen, die so an keiner anderen Stelle im Freistaat Thüringen festzustellen sind, in keiner Weise zureichend Rechnung getragen. Die Ergebnisse der Bogumil-Begutachtung sind für uns im Eichsfeld inhaltlich in dieser Art und Weise so überhaupt nicht tragbar.

a) Die Besonderheiten bestehen hier vielmehr zum einen darin, dass der Landkreis Eichsfeld einzigartige, zum Teil auch vorliegend zu regelnde kulturelle und landschaftliche Gegebenheiten innerhalb der Thüringer Landschaft - nicht zuletzt aufgrund seiner volkskirchlich katholischen Prägung - aufweist.
Außerdem ist der Eichsfeldkreis innerhalb seiner Verwaltung einschließlich seiner Betriebe und Gesellschaften funktional sowie insgesamt wirtschaftlich und finanziell in jeder Hinsicht bedenkenfrei „aufgestellt“.
Dass die finanziellen und sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht nur im „normalen“ Haushalt, sondern auch z.B. bei Kreis-Gesellschaften oder bei Beteiligungen des Kreises absolut geordnet sind, kann jederzeit im Einzelnen durch die Vorlage des Haushaltes und der Beteiligungsberichte belegt werden.
Dies zeigen besonders deutlich die seit Jahren ausgeglichene Bilanz und die vorhandene Liquidität des Eichsfeldkreises.

b) Demgegenüber ist der Unstrut-Hainich-Kreis nunmehr bereits seit langen Jahren zu jeder Zeit ständig auf erhebliche Finanzzuweisungen aus dem Landesausgleichsstock angewiesen, um seinen Aufgaben und Verpflichtungen überhaupt nachkommen zu können. Zur Bedienung seiner laufenden Kosten fehlen dem Unstrut-Hainich-Kreis seit Jahren die erforderlichen Mittel.
Die derzeitige Haushaltslage des Unstrut-Hainich-Kreises ist beispiellos, insbesondere im Hinblick auf die aufgelaufenen Altschulden.

c) Die Leistungsfähigkeit der ggf. in Zukunft zusammenzulegenden Landkreise muss auch zukünftig zugunsten der Bürgerinnen und Bürger gesichert werden. Das setzt voraus, dass der betreffende Landkreis überhaupt derzeit bzw. im Zeitpunkt des Gesetzeserlasses leistungsfähig ist. Dies ist in verwaltungspolitischer, organisatorischer und finanzieller Hinsicht betreffend den Unstrut-Hainich-Kreis nicht der Fall, da er nur aufgrund von ständig wiederkehrenden dauernden Konsolidierungsmaßnahmen überhaupt überlebensfähig ist.
Das bedeutet, dass der Freistaat Thüringen zunächst gewährleisten muss, dass die Landkreise leistungsfähig sind, um diese Leistungsfähigkeit aufgrund der geschilderten zu erwartenden Entwicklung in den kommenden Jahren weiterhin zu sichern.
An dem Entstehen der derzeitig prekären finanziellen Haushaltssituation des Unstrut-Hainich-Kreises ist das Land nicht unbeteiligt. Es muss sich insofern Versäumnisse bei der Überwachung des Unstrut-Hainich-Kreises im Rahmen seiner Rechts- und Fachaufsicht entgegenhalten lassen. Diese haben zu der vorliegenden Misere geführt sowie zu der dauernden Hinnahme der miserablen Finanzwirtschaft, wodurch in beträchtlichem Maße und Umfang Überschuldungstatbestände zugelassen worden sind.
Demgegenüber steht die wirtschaftliche Verfasstheit des Eichsfeldkreises, für den insoweit damit auch prinzipiell kein Gebietsänderungsbedarf besteht. Die derzeitige Verfassung des Eichsfeldkreises bietet vielmehr positive Gewähr dafür, langfristig die eigenen und die übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah auch weiterhin wahrzunehmen. Im Ergebnis wäre es deshalb rechtsfehlerhaft, diesen funktionierenden Eichsfeldkreis ohne weiteres zu zerschlagen. Er bietet auch zukünftig aufgrund der verwaltungspolitischen, organisatorischen und finanziellen Strukturen Gewähr für eine Einhaltung zumindest des status quo, sogar für eine weitere Verbesserung der Gegebenheiten.

3. Sollte es wider unser Erwarten tatsächlich ohne Rücksicht auf die v.g. sehr unterschiedlichen Gegebenheiten zwischen den beiden Landkreisen geschehen, dass es im Gesetzgebungsverfahren zu einer Zuweisung des bisherigen Unstrut-Hainich-Kreises zum bisherigen Landkreis Eichsfeld ohne weitergehende Maßnahmen der nachfolgend geschilderten Art durch den Freistaat Thüringen kommt, wird sich der Landkreis Eichsfeld mit allen in Betracht kommenden und zu Gebote stehenden rechtsstaatlichen Mitteln „bis zum Letzten“ insbesondere vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof zur Wehr setzen. Inzwischen durchgeführte genaue rechtliche Überprüfungen haben ergeben, dass für ein solches Vorgehen, sollte es notwendig werden, durchaus positive rechtliche Ansätze, dabei zu einem Erfolg zu kommen, gegeben sind.

4. Auf der anderen Seite ist dem Landkreis Eichsfeld – und das sei an dieser Stelle mit allem Nachdruck sowie in großer Deutlichkeit betont und hervorgehoben – keinesfalls an Auseinandersetzungen „um jeden Preis“ gelegen.
Ganz im Gegenteil: Der Landkreis Eichsfeld ist bereit und gewillt, an dem Reformprozess angemessen mitzuwirken sowie als ultima ratio Gebietsveränderungen mitzutragen, wenn alle anderen Bestrebungen zur Sanierung eines anderen „angeschlagenen“ Landkreises erfolglos bleiben.
Dies zeigt u.a. der Beschluss des Kreistages des Landkreises Eichsfeld vom 02.03.2016, Beschlussvorlage Nr. 16/012, der die Positionierung des Kreistages des Landkreises Eichsfeld zur geplanten Gebietsreform zeigt. Die Auflösung des Landkreises Eichsfeld wird darin zwar abgelehnt. Jedoch wird gleichzeitig auch die Bereitschaft betont, zur Beteiligung an den Sanierungsaufgaben des Landes Thüringen in einem angemessenen, die organisatorischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten des Landkreises Eichsfeld nicht überspannenden Maße beizutragen.

5. Voraussetzungen jeglicher Verschmelzung zwischen den Landkreisen Eichsfeld und Unstrut-Hainich sind aber u.a. die besondere Berücksichtigung der nachhaltigen volkskirchlich-katholischen Gegebenheiten im Eichsfeld und die Ausrichtung an der kulturellen und landschaftlichen Situation innerhalb der Thüringer Landschaft im Gesetzgebungsverfahren.

6. Weiterhin ist zunächst eine Sanierung des Nachbarkreises vor allem angesichts und in Bezug auf die sehr starken verwaltungs- und wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den beiden bisher eigenständigen Landkreisen herbeizuführen, die prinzipiell an den heutigen Gegebenheiten im Landkreis Eichsfeld auch für die Zukunft für das gesamte neue Kreisgebiet ausgerichtet wird. Es hat eine Übernahme der gesamten gesunden Strukturen des Landkreises Eichsfeld für das Gebiet des künftigen neuen vergrößerten Landkreises zu erfolgen. Die Rechtsnatur und die Verfasstheit des Eichsfeldkreises (bspw. Kreisgebiet) sowie die Hauptsatzung müssen unangetastet bleiben. Die derzeitige Kreisstadt des Eichsfeldkreises Heilbad Heiligenstadt muss Kreisstadt bleiben.
Die derzeitige Kreisstadt des Unstrut-Hainich-Kreises Mühlhausen soll anderweitig gestärkt und eine besondere Position im Kreis der Städte und Gemeinden in dem neuen Landkreis bekommen (vermehrt Sitz von Dienststellen o.ä.).

7. U.a. die Notwendigkeit des Anknüpfens an die Altschulden des Unstrut-Hainich-Kreises sowie die v.g. Besonderheiten des Eichsfeldkreises, die so bei keinem anderen Landkreis in Thüringen gegeben sind, gebieten es, aus der Sicht des Landkreises Eichsfeld eine zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Landkreis Eichsfeld abzustimmende eigenständige, verbindlich zu vereinbarende Sonderregelung auf staatsrechtlicher / öffentlich-rechtlicher vertraglicher Basis zu regeln. Dazu ist es aber in jedem Fall notwendig und unabdingbar, sehr differenzierende Regelungen dies betreffend herbeizuführen, ehe dann die letzte Entscheidung durch den Thüringer Landtag beschränkt auf von ihm unabdingbar zu regelnde Gegenstände herbeigeführt werden könnte.
Für den Landkreis Eichsfeld bedeutet dies u.a., dass er hinzukommende Vermögenswerte und Aufgaben an seine jetzigen Grundlagen (Bilanz und Geschäftsstrategien) angliedert. Von Bedeutung ist auch das Optionsmodell des Landkreises Eichsfeld im Rahmen der Abarbeitung und weiteren Ausübung des SGB II / Hartz IV.
Des Weiteren dürfen dem Landkreis Eichsfeld keine Entscheidungen zum Nachteil seiner Vermögenswerte abverlangt werden. Er hat das Vermögen seiner Bürger in seiner Bilanz festgestellt und ist diesen verpflichtet. Es ist nicht gestattet, quasi enteignende Eingriffe in diese bürgerlichen gemeindlichen Werte vorzunehmen.
Bei der Neubildung des neuen Landkreises ist das Eichsfeld betreffend auch seitens des Freistaates Thüringen aus der volkskirchlich-katholischen Geprägtheit ein besonderer Schutzstatus für die Kulturlandschaft des Eichsfeldes herzuleiten.

B.

Hierzu soll angesichts des vorstehend Ausgeführten das aufzustellende Handlungskonzept, das der Landkreis Eichsfeld vorschlägt, u.a. insbesondere folgende Punkte umfassen:
1. Erarbeitung und abschließende Vorbereitung eines öffentlich-rechtlichen / staatsrechtlichen Vertrages, der die Regelungen zu den vorgenannten sowie weiteren Punkten umfasst;

2. Einsetzung eines Beauftragten gemäß § 122 Abs. 1 ThürKO namens und im Auftrag für den Freistaat Thüringen sowie – insoweit auf Kosten und für den Landkreis Eichsfeld – Beauftragung und Hinzuziehung einer wirtschaftsberatenden Rechtsanwaltskanzlei / Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur umfassenden Untersuchung der Gegebenheiten – insbesondere in verwaltungsstruktureller und wirtschaftlicher Hinsicht – bei dem Unstrut-Hainich-Kreis;

3. zeitlich alsbaldiger Beginn und unverzügliche Durchführung einer Untersuchung der wirtschaftlichen Gegebenheiten sowie des Reformbedarfs hinsichtlich vorhandener Verwaltungsstrukturen durch den Beauftragten und die für den Landkreis Eichsfeld zugezogene Rechtsanwaltskanzlei / Wirtschaftsprüfungsgesellschaft;

4. Untersuchung und Formulierung einer herbeizuführenden neuen Verwaltungsstruktur im bisherigen Unstrut-Hainich-Kreis nach Beendigung der dahingehenden Untersuchung und Beurteilung – dabei u.a. Festschreibung der dauerhaften Nutzung der kaufmännischen Buchführung (Doppik) als Buchhaltungsplattform durch einen evtl. neuen Landkreis Eichsfeld- Hainich;

5. Ausgliederung bei dem bisherigen Unstrut-Hainich-Kreis festgestellter finanzieller und sonstiger wirtschaftlicher Lasten auf ein einzurichtendes Sondervermögen des Freistaates Thüringen; Durchführung von Verhandlungen über die wirtschaftliche Tragung der Lasten aus diesem negativen Sondervermögen u.a. zwischen dem Freistaat Thüringen und dem bisherigen Landkreis Eichsfeld; keine Lösung durch alleinige Zahlung von Ausgleichsbeträgen des Freistaates Thüringen an den bisherigen Unstrut-Hainich-Kreis;

6. am Ende, nach erfolgreicher Regelung der vorstehenden Punkte während des verbleibenden Zeitraumes bis zur Verabschiedung des Gesetzes über die Kreisgebietsreform durch den Thüringer Landtag:
Herbeiführung der notwendigen Regelungen zwischen dem Freistaat Thüringen, dem bisherigen Unstrut-Hainich-Kreis und dem bisherigen Landkreis Eichsfeld durch den Abschluss eines entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vertrages;

7. Regelung der Kreisgebietsreform auch für die Bereiche der bisherigen Landkreise Eichsfeld und Unstrut-Hainich, soweit dann noch Regelungsnotwendigkeiten bestehen, durch den Gesetzgeber, den Thüringer Landtag, sowie evtl. Herbeiführung weiterer vertraglicher Regelungen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Minister, deshalb bitten wir Sie, vorab eine solche differenzierende Regelung aufgrund der Besonderheiten zwischen den bisherigen Landkreisen Eichsfeld und Unstrut-Hainich so oder ähnlich herbeizuführen und zuzulassen. Ich werde Ihnen dazu in Kürze einen Vertragsvorschlag vorlegen, der als Verhandlungsgrundlage dienen kann.

Wir laden Sie herzlich ein, die nächste Zeit im Vorfeld der beabsichtigten Beratungen und Beschlussfassungen des Thüringer Landtages gemeinsam zu nutzen, baldmöglich über unseren Vorschlag zu sprechen und Verhandlungen im Einzelnen aufzunehmen.

Über eine möglichst baldige positive Reaktion des Freistaates Thüringen freuen wir uns sehr.

Mit verbindlicher Empfehlung

gez. Dr. Werner Henning
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