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Mo, 14:16 Uhr
22.05.2017
Lebensmittelindustrie sabotiert Gesundheitsschutz

foodwatch: Messergebnisse werden zurückgehalten

Im Kampf gegen gefährliche Mineralöle in Lebensmitteln hält die Lebensmittelindustrie offenbar tausende gesundheitsrelevante Daten zurück: Trotz einer dringenden Bitte der EU-Kommission hat kein einziges Lebensmittelunternehmen die eigenen Testergebnisse zu Mineralölen in Lebensmitteln an die zuständige Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) übermittelt. Das teilte die EFSA der Verbraucherorganisation foodwatch mit...


Allein die deutsche Lebensmittelwirtschaft hat brancheninternen Quellen zufolge im Jahr 2016 tausende Mineralöl-Analysen durchgeführt. foodwatch hat eigene Testergebnisse an die EFSA geschickt und verlangte von den Unternehmen, der Aufforderung der EU-Kommission ebenfalls endlich nachzukommen.

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"Die Lebensmittel-
wirtschaft sabotiert den gesundheitlichen Verbraucherschutz in Europa. Stets behauptet sie, man brauche EU-weite Grenzwerte für Mineralöle in Lebensmitteln. Doch statt tausende gesundheitsrelevante Messwerte endlich auf den Tisch zu legen, damit die Belastungssituation erfasst wird, geschieht seit mindestens vier Monaten exakt - nichts. Die Lebensmittelwirtschaft setzt 500 Millionen Europäerinnen und Europäer schamlos vermeidbaren Gesundheitsrisiken aus. Wir fordern die Unternehmen auf, alle Mineralöl-Messwerte umgehend den Behörden zu übermitteln", erklärte Matthias Wolfschmidt von foodwatch.

Die Gesundheitsgefahren durch Mineralölverunreinigungen in Lebensmitteln sind seit Jahren bekannt. Laut EFSA stehen "aromatische Mineralöle“ (MOAH) unter Verdacht, krebserregend und erbgutverändernd zu sein; die sogenannten gesättigten Mineralöle (MOSH) reichern sich in den Körperorganen an und können diese schädigen. Die EU-Kommission schloss sich im Januar 2017 dieser Bewertung an und forderte Lebensmittelunternehmen in ganz Europa auf, alle Messdaten an die EFSA zu schicken.

Die "Empfehlung" der Kommission ist rechtlich nicht bindend; der führende Verband der Lebensmittelindustrie in Deutschland (BLL) hatte diesen Schritt aber begrüßt und eine "aktive Unterstützung“ zugesagt. Nun erklärte die EFSA jedoch in einem Schreiben an foodwatch vom 19. Mai 2017, dass sie keinen einzigen Datensatz von den Unternehmen erhalten habe. Lediglich das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) habe Daten bereits im September des vergangenen Jahres eingereicht. Nach dem Aufruf der EU-Kommission im Januar 2017 wurden nach Angaben der EFSA keine Daten übermittelt - außer von foodwatch.

Immer wieder kommt es zu Mineralöl-Funden in Lebensmitteln: foodwatch fand sie in Schokolade, Reis, Pasta und Frühstücksflocken. Stiftung Warentest wies sie in Fleischersatz-Produkten nach. Zuletzt stellte die Zeitschrift Öko-Test Mineralölverunreinigungen in Bio-Brotaufstrichen fest.

Mineralöle können beispielsweise aus Verpackungen oder Maschinenölen in Lebensmittel gelangen. Eine wesentliche Quelle für Verunreinigungen ist Altpapier, das neben Mineralölen auch etliche andere gefährliche Substanzen wie Weichmacher und Lösungsmittel enthalten kann. foodwatch fordert Grenzwerte für Mineralöle in Lebensmitteln, bei den besonders kritischen aromatischen Mineralölen eine Null-Toleranz. Für alle Lebensmittelverpackungen aus Papier müsse außerdem eine "funktionelle Barriere“ vorgeschrieben werden, die den Übergang von Mineralölen und anderen schädlichen Substanzen auf die Lebensmittel verhindert.
Autor: red

Kommentare
Monika Larch
23.05.2017, 10.06 Uhr
Ist Recherche kein Instrument des Journalismus mehr?
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Bedauern müssen wir feststellen, dass sie bei dieser Meldung wohl auf eine kritische Recherche verzichten und eines der wichtigen Instrumente des Journalismus ungenutzt lassen. Warum?

Fakt ist: Unmittelbar nach Bekanntwerden der EU-Monitoring-Empfehlung am 17. Januar 2017, die explizit eine „aktive Unterstützung“ der Wirtschaft anspricht, haben wir uns als BLL schriftlich an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gewandt, das Monitoring begrüßt und die Einspeisung von Daten angeboten. Darüber hinaus haben wir zum Gespräch über die Abläufe und Bedingungen eingeladen. Es ist unseres Erachtens wichtig, über die Modalitäten wie Methoden, Datenformate und Vertraulichkeiten vorab zu sprechen. Diese Einladung wurde schriftlich wegen „Nichtzuständigkeit“ des BMEL abgelehnt und auf die Bundesländer und die Kommission verwiesen. Mit Schreiben vom 18. Mai 2017 haben wir daher unsere Einladung an die Vertreter der Überwachungsbehörden in den Bundesländern gerichtet. Auf Ebene unseres europäischen Verbandes, Food Drink Europe, gab es ein Gespräch mit der zuständigen Abteilungsleiterin der Kommission über eine Ausgestaltung der Zusammenarbeit. Die angeblich dringende Anfrage der EFSA liegt der Wirtschaft nicht vor.

Das EU-Monitoring ist bis 2019 geplant. In einem ersten Schritt sollen vom EU-Referenzlabor „Leitlinien“ zur Analytik erarbeitet werden; diese sind allerdings noch nicht in Sicht. Ohne Standards zu Mess- und Auswerte-Methoden können Daten weder geordnet und noch verglichen werden. Da es sich um eine stetige Verbesserung der Kontaminationssituation durch Maßnahmen handelt, ist die Datierung der Untersuchungen bzw. der Befunde sehr relevant. Daten aus den vergangenen Jahren sind daher nicht geeignet für eine aktuelle Statuserhebung und Grundlage für die wissenschaftliche Expositionsbewertung.

Meine Damen und Herren, Sie als Journalisten besitzen eine wichtige Gatekeeper-Funktion. Mit einer kritischen Recherche tragen Sie dazu bei, das Lügen von Wahrheit unterschieden werden. Wenn Sie diese wichtige Aufgabe aus den Händen geben, machen Sie Ihren Beruf überflüssig. Das können wir uns als Gesellschaft nicht leisten. Über eine kurze Stellungnahme, warum Sie Presseinformationen von Kampagne-Organisationen ohne weitere Recherche veröffentlichen, würden wir uns sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Monika Larch
Referentin Öffentlichkeitsarbeit des BLL
Email: mlarch@bll.de
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