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Angemerkt

"Dass ich das noch erleben durfte...!"

Freitag, 20. April 2018, 08:04 Uhr
Haben Sie so innerlich nicht auch schon mal vor sich hin fragend gesagt: "Dass ich das noch erlebe?" So ging es mir heute beim Studium der Qualitätsmedien...


Es bringt einfach das Berufs-Alter mit sich, dass man Beobachtungen über einen längeren Zeitraum anstellen und dann vergleichen kann. Und vielleicht Schlussfolgerungen zieht.

Oftmals habe ich in diesem kleinen Lokal-Medium dafür geworben, dass man Veranstaltungen des rechtsradikalen Spektrums, zuletzt die Sargträger-Parade eines selbsternannten Dritten Weges, einfach gewähren lassen soll. Viele Jahren zuvor war es zum Beispiel die NPD, die in Nordhausen demonstrierte, dann die Volksbewegung Nordthüringen.

Die Betonung liegt doch immer auf Demonstration. Damit will der Demonstrierer anderen etwas zeigen oder sagen. Will Botschaften vermitteln. Wenn aber niemand da ist, der zuhört oder zusieht, dann verpufft die Demonstration. Spätestens beim nächsten Mal. In Nordhausen versuchte man es Anfang dieses Jahrtausend mal mit dem Aufstellen von braunen Abfalltonnen und einer ziemlich leeren Stadt. Ergebnis: die NPD war lange nicht mehr in der Rolandstadt marschierend gesehen.

Die mediale Aufmerksamkeit wird meist dann erst unangemessen aufgebläht, wenn es Gegendemonstrationen gibt, meist durch Bündnisse gegen Rechtsextremismus oder wie neuerdings in Nordhausen gegen Rechts im Allgemeinen. Dieses reflexartige Verhalten wurde von vielen Medien immer gutgeheißen, ja geradezu eingefordert.

Doch heute - man lese und staune - änderte sich die Ansicht der Medien. Und dass ich das beim Flaggschiff des Qualitätsjournalismus erleben muss, trieb mich zu dem oben beschriebenen Ausspruch: "dass ich das noch..."

Hintergrund ist ein Neonazifestival in Ostritz. Wenn Sie nicht auf Anhieb wissen, wo Ostritz liegt, dann sei ihnen geschrieben: in Sachsen. Dort feiert man unter dem Motto "Schild und Schwert". Und ganz klar, dass da heute auch ein "Ostritzer Friedensfest" organisiert werden muss. Dazu schreibt Dirk Kurbjuweit, immerhin der stellvertretende Chefredakteur des Spiegel: "In bester Absicht werden sie (die Friedensfestler/nnz) den Auftritt von ein paar hundert Spinnern erst groß machen und ihm zu internationaler Aufmerksamkeit verhelfen. Warum lässt man die Neonazis nicht einfach in der Stille versacken? Falls notwendig, kann die Polizei eingreifen."

Mir bleibt nur noch eines festzustellen: "Dass ich das noch erleben durfte!"
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

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