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Thüringer Lehrerverband warnt nach Studie

Lehrermangel verschärft sich

Montag, 09. September 2019, 12:01 Uhr
Die soeben veröffentlichten Ergebnisse einer aktuellen Bertelsmann-Studie zum Thema Lehrerbedarf für die Primarstufe bewertet der tlv thüringer lehrerverband als „erschreckend, aber realistisch“. Die Zahlen deckten sich mit dem, was dem tlv seit Jahren aus der Praxis rückgemeldet werde, so der Landesvorsitzende Rolf Busch.

Die Autoren der Studie kommen zu dem Ergebnis, dass in Deutschland bis zum Jahr 2025 mindestens 26.300 Grundschullehrer fehlen werden. Diese Zahl liegt deutlich über dem, was die Kultusministerkonferenz (KMK) prognostiziert hat. Ursache für die Diskrepanz ist der stärker als früher erwartete Anstieg der Schülerzahlen. Laut der Bertelsmann-Studie beträgt die Diskrepanz zwischen den Prognosen der KMK und der aktuellen Bevölkerungsvorausschätzung des Statistischen Bundesamts etwa 168.000 Schüler.

Der tlv blicke mit großer Sorge auf diese Entwicklungen, erklärt Busch. „Schon jetzt zeigen sich teilweise gravierende Lücken in der Versorgung.“ So habe eine zu Beginn des Schuljahres unter den Schulen in Thüringen durchgeführte Befragung ergeben, dass 53 Prozent der teilnehmenden Grundschulen am Ende des vergangenen Schuljahres mindestens einen Lehrer verabschieden mussten. Bei jeder sechsten Grundschule waren es zwei oder mehr Kollegen. Dem stünden jedoch nur unbefristete Neueinstellungen bei 49 Prozent der Befragten gegenüber. „Dazu kommt, dass an jeder dritten Grundschule Lehrer langzeiterkrankt sind, mitunter gleich vier Kollegen auf einmal.“ Das Resultat, so Busch, sei, dass mehr als die Hälfte der Schulen die Stundentafel – und damit das Unterrichtssoll – derzeit nicht erfüllen können. „Fünf Prozent der Schulleitungen, die diese Frage beantwortet haben, können 50 oder mehr Stunden nicht wie vorgegeben halten. Das ist, als ob zwei komplette Klassen pro Woche keinen Unterricht hätten.“

Auch bei der Hortbetreuung, erläutert der tlv-Vorsitzende, gäbe es Probleme. „Jeder zehnten Grundschule fehlen mehr 50 Betreuungsstunden im Hort – pro Woche. Insgesamt können lediglich 57 Prozent der teilnehmenden Grundschulen die Hortbetreuung wie vorgesehen personell abdecken.“

Um das Problem langfristig anzugehen, so Busch, müsse die Einbindung von Quereinsteigern dringend professionalisiert werden. „Dazu gehört nicht zuletzt eine geeignete Qualifizierung, bevor sie tatsächlich vor der Klasse stehen.“ Darüber hinaus sei für die Nachwuchsgewinnung ein grundlegendes Umdenken beim Bewerber-Management nötig. „Der gesamte Prozess muss deutlich entbürokratisiert und beschleunigt werden. Das Online-Verfahren steckt noch in den Kinderschuhen, schulscharfe Ausschreibungen lehnt das Kultusministerium nach wie vor ab. Wenn Thüringen nicht bald handelt, ist die heute erneut prognostizierte verhängnisvolle personelle Entwicklung nicht mehr aufzuhalten.“
Autor: red

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