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NNZ-BETRACHTUNG

Spannend: Wer mit wem?

Dienstag, 08. Oktober 2019, 12:00 Uhr
Im Zuge der Landtagswahlen am letzten Oktobersonntag werden wir Ihnen in den kommenden Tagen die Kandidaten und ihre Aussagen vorstellen. Zur Eröffnung der heißen Phase des Wahlkampfes lesen Sie hier eine Betrachtung von nnz-Autor Kurt Frank.


Die Spannung steigt. Woche für Woche. Wer regiert künftig in Thüringen? Rot-Rot-Grün? Dafür hat es momentan keine Mehrheit mehr. Weiter als Minderheitsregierung? Oder Machtwechsel? Die CDU strebt ihn an. Doch auch sie liegt unterm Schnitt. Nach aktuellen Umfragewerten sogar hinter der Alternative für Deutschland, die auf 24 Prozent der Stimmen käme. Wer mit wem? CDU mit Die Linke? Will sie nicht. Mit den Grünen? Ungewiss. Mit der SPD? Reicht nicht. Eine Koalition mit der AfD ergebe eine solide Mehrheit.

Das weiß auch Mike Mohring, der Landeschef der Christdemokraten. Dass da nicht nur Irre, Verblendete oder verkappte Nazis durch die Gegend laufen, die der AfD angehören oder ihr frönen, weiß er auch. In ihren Reihen Beamte aus Justiz und Polizei, Anwälte, Unternehmer aus Industrie und Landwirtschaft, Lehrer, Gewerbetreibende, selbst Vertreter der Kirche – kurzum Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung.

Mit diesen Leuten könnte man doch? Wenn da nicht der Westimport Björn Höcke wäre, der Landeschef, Fraktionsvorsitzender der AfD im Thüringer Landtag. Seine Sprüche, Zitate und seine Wortwahl bei öffentlichen Auftritten geben Anlass zu der Meinung, der Mann hängt einer völkischen Ideologie nach. Höcke zählt wie Westkollege Andreas Edwin Kalbitz, ehemaliger Spitzenkandidat in Brandenburg, zu dem extrem rechten Flügel innerhalb der Partei.

Mit der AfD wollen wir nicht, mit Höcke können wir schon gar nicht, meint Mohring. Vielleicht wäre es mit einem Gemäßigten als Vorsitzenden möglich geworden? Der CDU-Chef, jung, charismatisch, wortgewandt, will Thüringen als Ministerpräsident regieren. Unbedingt. Energiegeladen strebt er das Ziel an. Seit Jahr und Tag. Aber mit wem als Partner? Mit der CDU geht es derzeit nicht bergauf. Wie in Brandenburg und Sachsen. Wie erklärt sich andererseits die hohe Woge der Zustimmung, auf der die AfD derzeit schwimmt? Es nur auf Migration, Flüchtlinge und Populismus zu reduzieren, wäre als Erklärung zu einfach.

Wir hören und lesen von sozialer Ungerechtigkeit im Land. Von dem immer weiteren Auseinanderklaffen zwischen Arm und Reich. Die Rede ist von Kinder- und Altersarmut, von aussterbenden Dörfern und horrenden Mieten. Man spricht über Lohn- und Rentengefälle. Sind das nicht Fakten, die Menschen bewegen? Sie zweifeln und an den jahrelangen und immer wieder erneuerten Versprechungen der Regierenden keinen Glauben mehr schenken lassen? Und sie letztlich ihr Kreuzchen in der AfD-Spalte auf dem Wahlzettel setzen lassen?

Die Alternative für Deutschland möchte das „verkrustete System“, wie sie sagt, aufbrechen. Das möchte die CDU nicht, wohl aber „Reformen“, zumindest kein „Weiter so!“ Wissend, dass damit kein Blumentopf mehr zu gewinnen wäre. Wie aber anders? Angela Merkel ist ein Auslaufmodell. Mit Annegret Kramp-Karrenbauer zu neuen Höhen? Die Beliebtheitswerte der 57-Jährigen berauschen nicht. Was sie bislang bot, ist eine ausgelaugte Merkel-Kopie. Mit ihr, ist aus CDU-Kreisen hinter vorgehaltener Hand zu vernehmen, hätte man als Kanzlerkandidatin Probleme. Viele Christdemokraten wünschten sich Friedrich Merz. Er könnte die Partei wieder auf konservativen Kurs ausrichten. Die Messen sind noch nicht gelesen.

Wer mit wem? Erinnern wir uns: Es gab Zeiten, da sahen CDU/CSU in den Grünen Deutschlands Niedergang. Niemals eine Koalition mit ihnen, tönte es aus allen Unions-Kanälen. Und die SPD? Niemals mit den Linken, verkündeten die Oberen. Heute möchte CSU-Chef Söder am liebsten jede Biene in persönliche Pflege nehmen, die Grünen noch grüner überholen. Und die SPD? Sie gibt nur Dank der Linkspartei in der Landesregierung derzeit ein Lebenszeichen von sich.

Die Drehbücher änderten sich. Radikal. Wie weiter in Thüringen nach der Wahl in diesem Monat? Wie weiter im Bund nach Merkel? Fragezeichen zuhauf. Ich wage eine Behauptung: Sollten die Regierenden den Stimmungen und Ansichten vieler Menschen im Land nicht das nötige Gehör schenken, die AfD es nicht nur mit Worten halten, Hardliner zügeln und ein Programm der Öffentlichkeit präsentieren, das den Wünschen und Befürchtungen weiter Kreise der Bevölkerung Rechnung trägt, wird ihr Höhenflug anhalten.

Außerdem: Sollte keine grundlegende Einigung in der Flüchtlingsfrage erfolgen, könnte nach Horst Seehofer eine Flüchtlingswelle erfolgen, die die von 2015 noch übertreffe. Seehofer hatte zugesagt, Deutschland werde bis auf weiteres ein Viertel aller im zentralen Mittelmeer Geretteten aufnehmen. Das stieß bei Unionspolitikern und der FDP auf Kritik. Diese Aufnahmegarantie, wird befürchtet, könnte sich zur Anziehungskraft für weitere Mikrantenströme entwickeln. Was, wenn eine Woge noch gewaltiger als die von 2015 in das Land schwappt? Noch Fragen?

Wer mit wem? Künftig werde wohl die Entscheidung nicht mehr in der Berliner Zentrale als vielmehr auf Länderebene fallen. Mehr noch im kommunalen Bereich. Auf Anhieb zog die AfD mit neun Mandaten in den Kreistag ein, ist zweitstärkste Kraft. Im Stadtrat ist sie mit acht Mandaten gleichauf mit CDU und Linken. Ein Miteinander mit Jörg Prophet, Rene Strube, Andreas Leupold und anderen wäre da sinnvoll.
Kurt Frank

Bild von: Arek Socha auf Pixabay
Autor: red

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