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Mobiles Kulturgut der ehemaligen DDR

Die zweite Spur in der Deutschen Geschichte

Sonnabend, 09. November 2019, 12:27 Uhr
30 Jahre ist der Mauerfall nun her und es gibt vieles, über das man nachsinnen kann. Hubert Rein, Vorsitzender des Ost Klassiker Klub Wolkramshausen, hat sich Gedanken über die mobilen Kulturgüter der DDR und den Fahrzeugbau im Osten gemacht...

Nach dem Ende der DDR und dem in Folge verbundenen Prozesses der Schaffung eines wiedervereinten Deutschlands, soll im Rahmen dieses Beitrages auf die Unterschiede und die damit verbundenen Nachwirkungen von 40 Jahren Teilung einer Nation bezogen auf den Fahrzeugbau eingegangen werden...

Der sog. Einigungsprozess, welcher bis heute noch immer nicht den gewünschten Vorstellungen von gleichen Lebensverhältnissen einer Nation entspricht, wird auch noch unsere nachfolgende Generation beschäftigen. Vorausgesetzt ist aber für diese Feststellung, dass die Natur uns unter den verändernden Klimaveränderungen auch noch die Zeit zum Handeln läßt.

Das gewählte Thema des heutigen Beitrages „ Die zweite Spur in der Deutschen Fahrzeuggeschichte“, soll das vergangene Spiel der Kräfte beleuchten, die einerseits von genialen technischen Verstand geprägten waren und andererseits die politische Richtung der jeweiligen Gesellschaftsformen bestimmten.

Ausgangspunkt waren einst die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse des 18./19. Jahrhunderts, bezogen auf das damalige Deutsche Reich, die von der beginnenden technischen Revolution in völlig neue gesellschaftliche Kanäle und Konfliktpotenziale gelenkt wurden.

Die bis dahin vorherrschenden Produktionsverhältnisse im Handwerk und in der Landwirtschaft wurden durch die neuen industriellen Produktionsformen grundsätzlich verändert. Es entstanden völlig neue gesellschaftliche Strukturen, neue Märkte und neue soziale Verhältnisse.

War der menschliche Schaffensprozess bis dato sehr an die natürlichen Abläufe wie z. B. das Tageslicht und an die Jahreszeiten gebunden, schaffte die Industrialisierung völlig neue Bedingungen. Auf die damit verbundenen Anforderungen, mussten schnelle Lösungen gefunden werden. Es entstanden mit diesen Veränderungen auch neue Berufsbilder wie der Technikers oder der Ingenieur.
Eine der damals schon wichtigsten Fragen im frühen Industriezeitalter war die Suche nach geeigneten Antriebstechnologien, die bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren hat. Die bis dahin zur Verfügung stehende Muskel, Wind und Wasserkraft konnten den wachsenden Bedarf der Industrie nicht mehr befriedigen und so kam es zur Entwicklung von Dampfmaschinen, von Elektro- und Verbrennungsmotoren.

Namhafte Konstrukteure, beginnend in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie Carl Benz, Gottlieb Daimler, Nicolaus Otto, Rudolf Diesel oder Wilhelm Maybach sorgten mit ihren Entwicklungen im Bereich der Verbrennungsmotoren und im Fahrzeugbau dafür, dass Deutschland sich über viele nachfolgende Jahre zu einer erfolgreichen Industrie- und zu einer bedeutenden Techniknation entwickeln konnte.

In dem von mir eingangs erwähnten Spiel der gesellschaftlichen Kräfte, dürfen die zwei Weltkriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht unerwähnt bleiben. Menschlich und moralisch gesehen haben die politischen Akteure jener Zeit versagt und die Folgen ihres Handelns sind bis heute noch erkennbar. Aber bei aller Ablehnung der Kriege, sind gerade in diesen Zeiten, viele technische Entwicklungen vollzogen worden, die sich auf das Leben der Nachfolgegenerationen entscheidend auswirkten.
Dies bezieht sich auch auf die Nachfolgezeit des sog. Kalten Krieges zwischen den Ost- und Westmächten bis zum sog. Mauerfall 1989. In diesen 40 Jahren der politischen Teilung Deutschlands, wurden je nach der Zugehörigkeit und den damit auch verbundenen unterschiedlichen Rahmenbedingungen, viele wichtige Entwicklungen in der Technik und speziell im Fahrzeugbau in der damaligen DDR bzw.in der BRD getätigt.

Rückblickend auf die Zeit der Spaltung Deutschlands muss für den Osten aber auch festgestellt werden, dass in der damaligen sozialistischen Industrie einschließlich des Fahrzeugbaus gute Fachkräfte tätig waren, die unter den erschwerten Bedingungen, eine hervorragende Arbeit geleistet haben. Denn der Ost Deutschland der auch mit hohen Reparationsleistungen an die damalige Sowjetunion zu kämpfen hatte, keine Wirtschaftshilfen von den Westmächten zum Wiederaufbau erhielt und unter knappen Rohstoffressourcen litt, hatte es im Vergleich zur BRD deutlich schwerer eigene Konzepte zu entwickeln und in Folge auch zu realisieren.

In den 40 Jahren der DDR wurden aber trotz aller politischen Widrigkeiten gute technische Entwicklungen in der Wirtschaft getätigt. Bezogen auf den Fahrzeugbau entstand doch eine breite Palette an Fahrzeugen aller Kategorien, beginnend mit Hilfsmotoren an Fahrrädern, erste 50 ccm Mopeds wie dem Simson SR 1 aber auch Motorräder mit 25o ccm, 300 und 350 ccm wie die AWO, die EMW und ES/MZ.
Gleiche Leistungen wurden auch in der PKW Produktion und im Nutzfahrzeugsegment erbracht, in der Regel beginnend auf der Basis von Vorkriegsentwicklungen.
Mit der Gründung der DDR am 07.10.1949 entstanden unter dem Markenzeichen IFA sehr rasch eine eigene Fahrzeugentwicklung, beginnend im PKW Segment mit dem Wartburg 311 und dem P 70 mit den Nachfolgemodellen des Trabant.

Auch sehr erfolgreich waren die Entwicklungen in der Moped- und Motorradproduktion mit einem doch erstaunlichen Exportanteil. Für den zivilen Bereich wurden auch sehr gute PKW - Anhänger- und Wohnwagen gebaut, die sich bis heute sehr bewährt haben.

Erwähnung finden muss auch in diesem Zusammenhang die Produktion von Nutzfahrzeugen für die Industrie, für den Handel, das Militär und für die Landwirtschaft. Obwohl die DDR ein kleines Land war, mit den bereits erwähnten Schwierigkeiten, wurde stets versucht den Anforderungen aus allen gesellschaftlichen Bereichen Rechnung zu tragen.
Mit der politischen Wende 1989 begann der Untergang der gesamten Fahrzeugindustrie der ehemaligen DDR. Ein politisch gewollter Prozess, der sehr eifrig von der damaligen Treuhand im Auftrag der Mächtigen ausgeführt wurde. Ostfahrzeuge aus der DDR aller Kategorien waren nicht mehr zeitgemäß und hinderlich im Marktgeschehen des geeinten Deutschlands.

Bemerkenswert ist aber die Tatsache, dass der Einfluss der damaligen Treuhand an den Ostgrenzen Deutschlands endete und die Fahrzeugproduzenten der einstigen Bruderländer der untergegangenen DDR wie z.B. Skoda, Tatra, Dacia, Wolga und Lada den Übergang in die Marktwirtschaft vollzogen. Für Trabant, Wartburg, Simson, MZ blieb leider nur die Bewahrung als technisches Kulturgut, im Sinne einer Zeitschiene, die man ggf. als die zweite Spur einer einheitlichen Geschichte des Fahrzeugbaus in Deutschland bezeichnen kann.
Hubert W. Rein
Vorsitzender des Ost Klassiker Klub Wolkramshausen
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Autor: red

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