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Eine nnz-Betrachtung von Olaf Schulze

Wer schützt uns vor dem Corona-Virus?

Donnerstag, 27. Februar 2020, 20:00 Uhr
Deutschlands Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) empfiehlt „sich möglichst wenig ins Gesicht zu fassen und sich einmal zu beobachten, wie oft man das eigentlich sonst macht. Und Hände waschen!“ Aber ist es damit schon getan…

Bild von Pete Linforth auf Pixabay

Händewaschen und nicht im Gesicht rumfummeln sind ein Anfang im Kampf gegen eine bösartige Viruserkrankung, die bereits im Januar in China ausbrach und sich nun weltweit verbreitet. Und obwohl täglich neue Fälle aus mehr als 40 Ländern über die ganze Welt verteilt bekannt werden, obwohl allein in Italien 14 Menschen gestorben sind und es größere Epidemien auch in Südkorea und dem Iran gibt, sieht der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn keine Veranlassung, weitreichende Maßnahmen zu ergreifen. Noch vorgestern Abend sagte er in Abstimmung mit seinen EU-Kollegen im Fernsehen: "Wir sind gemeinsam der Meinung, dass zu diesem Zeitpunkt, jetzt, Reisebeschränkungen oder gar das Schließen von Grenzen keine angemessene, verhältnismäßige Maßnahme wäre.“

Auch die Absage größerer Veranstaltungen solle nicht generell, sondern im konkreten Fall entschieden werden. Als Reaktion darauf kam heute in den Morgennachrichten die trotzige Ansage aus Hannover, die dortige Messe im April auf jeden Fall durchzuführen. Auf der Hannover Messe stellen jährlich auch viele chinesische Firmen ihre Produkte aus. Mit Ausstellern und Mitarbeitern aus der Volksrepublik, wo inzwischen 2700 Menschen dem Virus erlegen und mehr als 78 000 infiziert sind.

China hat inzwischen drastische Einreisebeschränkungen erlassen und ganze Regionen hermetisch abgeriegelt. Deutschland Wirtschaftsminister Peter Altmaier zeigte sich heute besonders besorgt um die deutsche Wirtschaft angesichts der beginnenden Pandemie.

In einem weiteren Interview, das in den sozialen Netzwerken gepostet wird, beschwört Jens Spahn heute das hervorragende deutsche Gesundheitswesen, das jedes Jahr Grippewellen bewältige, die das Gesundheitswesen vor ähnliche Herausforderungen stellen würden, wie das Corona-Virus. Noch gestern Abend bei Sandra Maischberger klangen die Verlautbarungen des Ministers ganz anders:
„Das Risiko ist größer denn je.“, sagte Spahn dort. Die Balance zu halten zwischen Information und Panik schüren sei das Gebot der Stunde. Schlecht sei es laut Spahn, dass es sich bei dem Corona-Virus um eine Erscheinung handle, gegen die es weder einen Impfstoff gibt noch eine Idee, welche Medikamente wirkungsvoll wären. Die Grippe hielte er aber für gefährlicher und riet den Zuschauern, sich impfen zu lassen. Eine Impfstoffentwicklung „brauche ihre Zeit“, schob er heute nach.

„Es gibt viele Behörden in Deutschland, die nicht müde werden zu sagen, die Grippe sei viel schlimmer. Das ist schlichtweg falsch. Die Grippe hat eine individuelle fallbezogene Letalität von ungefähr eins zu tausend oder weniger. Bei diesem neuen Virus liegt es bei zwei Prozent. Das wäre eins zu fünfzig“, erwidert dem Minister der Virologe Alexander Kekulé, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie des Uniklinikums Halle. Nicht nur nnz-Leser Wolfgang Jörgens ist mit der bisher vom Bund betriebenen Informationspolitik unzufrieden. „Was mich besonders interessiert ist die Tatsache, dass Gesundheitsminister Spahn bereits seit Tagen darüber berichtet, Deutschland ist gut gerüstet und vorbereitet, was eine mögliche Pandemie des Coronavirus betreffe. Kann man diesen Aussagen überhaupt vertrauen?“, fragt er in seinem Leserbrief und fährt fort: „Ich habe große Zweifel. Bereits vor etwa drei Wochen habe ich versucht in meiner Apotheke Mundschutz für meine Familie zu besorgen. Es war nicht möglich, da der Großhandel nicht lieferfähig sei, so die Auskunft.“

Der Großhandel gibt unumwunden zu, dass er die Masse der Mundschutze aus China bezogen hat und von dort wenig überraschend nichts mehr in Deutschland eintrifft. Die Internethändler, die offiziell noch Gesichtsmasken anboten, zahlen inzwischen das Geld zurück und können keine Ware liefern. Ähnlich stellt sich die Situation auch bei Handdesinfektionsmitteln dar.

Im Nordhäuser Südharz Klinikum ist derzeit noch kein Krisenstab eingerichtet und Anfragen aus der Bevölkerung nimmt die Geschäftsleitung entgegen. Aber es wird schon darauf verwiesen, dass in Krisenfällen reagiert und mit dem Gesundheitsamt des Landkreises als zuständiger Behörde eng zusammen gearbeitet werden kann. Das professionelle Agieren der regional Zuständigen im Falle der beiden chinesischen Studenten, bei denen ein Anfangsverdacht auf Corona-Erkrankung bestanden hatte, war sehr ermutigend und schürt das Vertrauen in die Verantwortlichen und Mitarbeiter im zuständigen Amt.Die sind ja auch für eventuelle Evakuierungen und Verlegungen durch die häufigen Bombenfunde in Nordhausen bestens vorbereitet.

Über ein kompetentes Krisenmanagement vor Ort sollten wir uns also keine Sorgen machen. Was das Verhalten in Berlin betrifft, sieht es spätestens seit den neu bekannt gewordenen Fällen gestern in NRW und Baden-Württemberg anders aus. Noch einmal ein Zitat aus dem Brief von Herrn Jörgens: „ Ich wollte heute eine Auskunft beim Bundesumweltministerium einholen. Es war nicht möglich, einen kompetenten Gesprächspartner ans Telefon zu bekommen!!“

In Kaiserslautern ist heute Nachmittag ein neuer Erkrankungsfall bekannt geworden, Virologen warnen jetzt eindringlich vor einer weltweiten Pandemie. Bleibt zu hoffen, dass der Bundesgesundheitsminister bald die richtigen Maßnahmen ergreift und Deutschland vor einer größeren Katastrophe verschont bleibt. Für den Krisenfall vorsorgen müssen wir als Bürger selbst und wenn schon keine Hilfe vom Staat zu erwarten ist, dann doch wohl hoffentlich der ausreichende Schutz der Bevölkerung.
Olaf Schulze
Autor: red

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