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Thüringer Schulprojekt KathReliOnline

Bislang einzigartig in Deutschland

Mittwoch, 01. April 2020, 12:54 Uhr
Ein Ende der Corona-Krise ist nicht absehbar. Aber dem Thüringer Schulprojekt KathReliOnline kann man jetzt schon das Prädikat „krisenbewährt“ verleihen....

Der seit Beginn des laufenden Schuljahres im Rahmen des Projekts erteilte katholische Religionsunterricht musste virusbedingt nicht ausfallen. Er fand statt.

Und von den Erfahrungen, die mit KathReliOnline gemacht wurden, können andere Unterrichtsfächer in Corona-Zeiten profitieren. Mit der Schließung der Schulen und der Verlegung von Lehren und Lernen ins Internet, mussten sich schließlich alle Lehrkräfte mit Fragen herumschlagen, wie etwa der Kontakt mit den Schülern zu halten ist, wie man passende Aufgaben formuliert und den Lernerfolg kontrolliert. Die Antworten liefert KathReliOnline, ein gemeinsames Schulprojekt des Bistums Erfurt und des Freistaates Thüringen.

Als die Planungen im Jahr 2015 begannen, hatte niemand der Verantwortlichen an eine Pandemie gedacht. Es war eine andere Herausforderung, die KathReliOnline entstehen ließ. „Wir haben gerade in ländlichen Regionen mit wenigen Katholiken das Problem, dass sich mit den wenigen Schülern keine Lerngruppen für den katholischen Religionsunterricht bilden lassen. Wir mussten uns also etwas einfallen lassen“, sagt Dr. Martin Fahnroth, der Leiter der Schulabteilung im Bistum Erfurt. Fahnroth suchte die Zusammenarbeit mit dem Biildungsministerium des Freistaates und dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (Thillm).

Die gemeinsamen Planungen führten schließlich zu einem Projekt, das bislang einzigartig in Deutschland ist und durch die Corona-Krise erhöhte Aufmerksamkeit erfährt. Schon länger steht fest, dass es ab dem Schuljahr 2020/21 von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster wissenschaftlich begleitet wird.

KathReliOnline ist ein auf digitaler Kommunikation basierender Unterricht, der zu zwei Dritteln aus Onlinephasen und zu einem Drittel aus Präsenzphasen besteht. Für die Onlinephasen hat das Bistum Erfurt mit Unterstützung des Bonifatiuswerkes internetfähige Tablets für Lehrende und Lernende angeschafft. Per Videochat kommuniziert der Lehrer sowohl mit einzelnen Schülern als auch mit der gesamten Gruppe in Bild und Ton. Auch wenn die Schüler nicht am gleichen Ort sind, können sie sich so an Unterrichtsgesprächen beteiligen und miteinander diskutieren. Auch ein Datenaustausch ist möglich.

Aufgabenstellungen werden vom Lehrer in der Thüringer Schulcloud einstellt. Darunter muss man sich so etwas wie einen riesigen Online-Datenspeicher des Freistaates vorstellen, in dem es viele abgeschlossene „Räume“ gibt. Einer dieser „Räume“ gehört KathReliOnline. Ihn können nur der jeweilige Religionslehrer und seine Schüler „betreten“, um dort Aufgaben zu deponieren und die Arbeitsergebnisse abzuliefern. Die Aufgaben werden von den Schülerinnen und Schülern einzeln oder auch in Zusammenarbeit mit anderen bewältigt. Der Zeitraum für die Bearbeitung ist nicht beliebig. Der Online-Unterricht findet statt, wenn die nichtkatholischen Klassenkameraden den Ethik- oder evangelischen Religionsunterricht besuchen.



Diese feste Zeitstruktur hat Vorteile, wie Martin Fahnroth herausstellt. „Arbeitsergebnisse können mit einer festgelegten Frist in die Cloud eingestellt werden, um so die Stundenergebnisse jedes einzelnen Lerners zeitnah zu beurteilen. Feste Online-Zeiten der Schüler erleichtern zudem die Kontaktaufnahme mit dem Lehrer, so dass Fragen und Probleme schnell geklärt werden können“, sagt der Leiter der Bischöflichen Schulabteilung. Die Corona-Krise habe den Teilnehmern von KathReliOnline jedenfalls keine größeren Schwierigkeiten bereitet, was den Unterricht der Onlinephasen betrifft. „Die Lehrer und Schüler haben weitergearbeitet wie bisher. Und viele Religionslehrerinnen und –lehrer sind froh, jetzt auf die Online-Aufgaben des Projektes zurückgreifen zu können“, sagt Fahnroth.



Eine Einschränkung brachte das Virus aber doch. In den Präsenzphasen von KathReliOnline treffen sich Lehrer und Schüler fünf- bis sechsmal im Halbjahr analog, also nicht am Bildschirm, sondern in einer Schule oder in einem Pfarrhaus. Mit diesen Treffen ist es mit dem Auftreten des Corona-Virus´ erst einmal vorbei. KathReliOnline findet im Moment nur noch online statt, aktuell in drei Lerngruppen mit insgesamt zwölf Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 9 und 10 von sechs Schulen in Suhl, Saalfeld, Schlotheim und Neudietendorf. Den Unterricht erteilen zwei Lehrerinnen aus dem staatlichen Schuldienst und ein Kaplan des Bistums Erfurt als Gestellungskraft.



Selbstverständlich gibt es auch Noten. „Der Bewertungsmaßstab entspricht den Vorgaben, die für alle Unterrichtsfächer gelten. Grundlage ist der Thüringer Lehrplan. Alle erteilten Noten, einschließlich der Zeugnisnote, werden den entsprechenden Schulen von den Online-Lehrkräften mitgeteilt“, erklärt Fahnroth das Verfahren. Der Leiter der Schulabteilung freut sich, dass KathReliOnline bei den Schülerinnen und Schülern des Projektes gut ankommt. „Wir haben mittlerweile weitere Interessenten in Friedrichroda, Sömmerda, Pößneck und Rudolstadt“, zählt Fahnroth auf. Was ihn nicht weniger freut: „Eltern und Schüler wünschen, dass das Projekt in den Klassenstufen 11 und 12 fortgesetzt wird und die Schüler in katholischer Religion auch eine Abiturprüfung ablegen können.“
Peter Weidemann

Autor: ik

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