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DIW-Studie

Einkommensungleichheit sinkt in Krisenzeiten

Sonntag, 21. November 2021, 15:04 Uhr
Die Einkommensungleichheit hat sich in den vergangenen 40 Jahren generell erhöht, doch sind neben diesem langfristigen Trend temporäre Schwankungen zu beobachten, die den Konjunkturzyklen geschuldet sind...

Dies ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Studie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Dass die Ungleichheit in Boomphasen steigt, liegt fast
ausschließlich an den hohen Anteilsgewinnen der einkommensstärksten zehn Prozent der deutschen Bevölkerung; in Rezessionen verlieren sie allerdings auch stark. Die unteren Einkommensdezile gewinnen in Krisenzeiten hingegen leicht Anteile hinzu, zeigt die Studie, und verlieren in Aufschwungsphasen.

DIW-Wochenbericht (Foto: DIW-Berlin) DIW-Wochenbericht (Foto: DIW-Berlin)


Erstmals empirisch haben die DIW-ÖkonomInnen Geraldine Dany-Knedlik und Alexander Kriwoluzky untersucht, wie sich die Einkommensungleichheit in Deutschland mit den Konjunkturzyklen in den vergangenen 40 Jahren verändert hat. „Diese temporären Änderungen sind vor allem deswegen relevant, weil sie entscheidend für eine wirksame und zielgerichtete Ausgestaltung stabilisierender Wirtschaftspolitik sind, wie sich gerade in der Corona-Krise zeigt“, erläutert Studienautor Kriwoluzky.

Aus diesem Grund war es den AutorInnen auch wichtig, die Entwicklung der Brutto- und der Nettoeinkommen, in denen auch Steuern und Transfers zum Tragen kommen, zu vergleichen. Demnach verändert sich die Bruttoeinkommensungleichheit ebenso prozyklisch: Sie sinkt während Wirtschaftskrisen und steigt während Erholungsphasen, allerdings weniger stark als bei der Nettoeinkommensverteilung. Die AutorInnen haben sich zur Ungleichheitsmessung sowohl die Entwicklung des Gini-Index als das am häufigsten verwendete Ungleichheitsmaß angeschaut als auch, wie sich die Anteile der Einkommensdezile am Nationaleinkommen zyklisch verändern. „Temporär stabilisierende Maßnahmen, die Einkommensverluste in Krisenzeiten abfedern, wie das Kurzarbeitergeld, aber auch dauerhafte Instrumente wie Hartz IV wirken also in Krisenzeiten der Einkommensungleichheit entgegen“, resümiert Studienautorin Dany-Knedlik. Das zeigt sich vor allem beim untersten Einkommensdezil, das in Krisenzeiten bei den Bruttoeinkommen Anteile verliert, aber bei den Nettoeinkommen gewinnt.

„Wir sehen also, dass die in Krisen ergriffenen Maßnahmen helfen, die unteren Einkommen zu stabilisieren. Die soziale Absicherung von Geringverdienenden gegen negative Schocks erhöht unsere Wohlfahrt. Die Evaluierung der wirtschaftspolitischen Maßnahmen in der Corona-Pandemie wird voraussichtlich ähnliche Befunde zutage fördern“, ist Makroökonom Kriwoluzky überzeugt. „Die Prozyklizität in Krisenzeiten ist politisch erwünscht. Die Frage ist, inwieweit man diese steigende Ungleichheit in Boomphasen für die Senkung der Ungleichheit in Krisen in Kauf nehmen muss“, ergänzt Dany-Knedlik.
Autor: red

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