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EINE BETRACHTUNG

Freie Meinung und der Aufschrei

Sonntag, 23. Januar 2022, 14:09 Uhr
Welch' ein Aufschrei! Äußerst erbost bestellte das ukrainische Außenministerium die deutsche Botschafterin in Kiew, Anka Feldhusen, ein. Die wurde regelrecht „bearbeitet“. Was war geschehen?


Anlass für den Aufschrei und die erhebliche Verstimmung zwischen beiden Ländern gab der Oberkommandierende der deutschen Kriegsmarine, Kay-Achim Schönbach. Fernab seines Landes fühlte er sich in Neu-Delhi unbeobachtet und äußerte, wovon er überzeugt ist: Die Halbinsel Krim ist weg. Sie werde nicht in den Bestand der Ukraine zurückkommen.

Außerdem bezeichnete Schönbach den namentlich von den USA und Deutschland heraufbeschworenen und angeblich bevorstehenden Truppeneinmarsch Russlands in die Ukraine als „Nonsens“. Was Putin wirklich wolle, sei Respekt auf Augenhöhe, sagte der Admiral und fügte an: „Es sei leicht, ihm den Respekt zu geben, den er will – und den er wahrscheinlich auch verdient.“

Einen Tag später ruderte Schönbach zwar zurück, sprach von einem unbedachten Fehler. Dennoch - an Offenheit und Ehrlichkeit waren es der Worte schlichtweg zuviel. Wie kann man auch entgegen der offiziellen Darstellung Verständnis für Putin aufbringen? Das Schicksal des hochrangigen Militärs war besiegelt.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht, die zwar eine Kurz- von einer Langwaffe zu unterscheiden vermag, von moderner Kriegsführung aber keinen blassen Schimmer hat, nahm den Rücktritt – eine andere Wahl blieb ihr auch nicht - umgehend und dankend an. Vergessen ihr Lob an den Admiral ob seiner militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten.

Der Ukraine indes reicht der Rücktritt allein nicht. Ihr Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, überschlug sich in seiner Wortwahl über diese „Unverschämtheit“ des Oberkommandierenden Kay-Achim Schönbach. Melnyk sieht in dessen Äußerung sogar eine heilige Allianz mit dem „Kriegsverbrecher Putin“. Jetzt müssen Waffen her. Auch Deutschland stehe in der Pflicht. Um diesen „Kriegstreiber“ Einhalt zu bieten.

Gab es da nicht eine Zeit für die Bühne freier Meinungsäußerung? War sie nicht heraufbeschworen worden? Wo ist sie geblieben? Gibt es sie eigentlich uneingeschränkt heute noch? Mir kommen Zweifel. Zumindest gilt freie Meinungsäußerung heute für viele nicht mehr. Schon das bloße Zuwortkommenlassen von Vertretern abweichender Positionen gilt als Skandal. Widerrede ist unnormal geworden, ihre Protagonisten müssen aussortiert werden. Umgehend! Admiral Schönbach bekam es zu spüren.

Statt Vernunft und Toleranz wird Hass geschürt. Ein Krieg zwischen Russland und der Ukraine suggeriert. Wo soll das hinführen? Wenn ich an die Rhetorik gewisser Politiker(in) denke, die auf Härte setzen, dann ist man um den Schlaf gebracht.
Kurt Frank
Autor: psg

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