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nnz-Forumsbeitrag von Alexander Rathnau

Dilemma und Zeitenwende

Dienstag, 05. Juli 2022, 18:25 Uhr
Hart ins Gericht geht nnz-Leser Alexander Rathnau mit der aktuellen deutschen Regierung, aber auch deren Vorgänger unter Merkel. Anders als jeden Tag in Leitmedien und öffentlich-rechtlichen Rundfunk behauptet, sieht er einen Großteil der Verantwortung für die derzeitige weltweite Krise genau dort...


"In den letzten Tagen und Wochen zeigt sich immer deutlicher, dass der Krieg in der Ukraine militärisch von keiner Seite zu gewinnen ist. Sehr wohl deuten sich Tendenzen an, dass dies sofern die NATO nicht doch noch direkt eingreift (was sie indirekt seit 2014 nachweislich macht), ökonomisch entschieden wird.
Das diese selbstverschuldete Situation für unsere Politiker einerseits ein Dilemma darstellt und andererseits als Zeitenwende betrachtet wird ist nur um so verständlicher, da es eine solche bisher nicht gab. Allerdings hält sich mein Mitleid in Grenzen, denn das was in beiden Fällen als Argumente vorgebracht werden verhindert einerseits den Blick auf das Wesentliche und verkehrt Ursache und Wirkung.

Historisch betrachtet gab es unter einer SPD-geführten Regierung (mit Unterstützung der Grünen) durchaus eine Zeitenwende, sowohl außen- als auch innenpolitisch. Da war zunächst der völkerrechtswidrige Krieg der NATO im ehemaligen Jugoslawien 1999 unter dem Vorwand einer „humanitären Katastrophe“ unter Beteiligung der Bundeswehr und zugleich die Einführung von „Hartz IV“ 2005. Beides (Ursachen) führte zu Veränderungen, welche bis heute ihre Wirkung entfalten und der Ukraine-Krieg gehört außenpolitisch dazu. Auf Grund der aktuellen Situation von einer Zeitenwende zu reden, entbehrt jeglicher Grundlage, eher ist es die Fortsetzung einer Politik, welche gekennzeichnet war durch eine Ost-Erweiterung der NATO. Empfehlenswert für interessierte Leser sind die beiden Reden, welche Putin 2001 im Deutschen Bundestag sowie 2007 auf der 43. Münchner "Sicherheitskonferenz" hielt.

Den Versuch einer Zeitenwende gab es mit der Wiedervereinigung und sollte eine deutsche Regierung dies ernst meinen, dann führt der Weg unweigerlich zu einer politischen Loslösung von den USA und einem Europa, welches Russland als gleichberechtigten Partner akzeptiert entsprechend der „Pariser Erklärung“ von 2017 und unter Einbeziehung von Minsk I und II. Ich wünsche mir eine Entschuldigung des amtierenden Bundespräsidenten, dass er als damaliger Außenminister eben diese „Minsker Verträge“ (Donbass, Luhansk) nicht mit Nachdruck gegenüber der Ukraine vertreten und bei der Umsetzung aktiv mitgeholfen hat, allein Verträge zu unterschreiben reicht eben nicht aus. Dies hätte Russland einen wesentlichen Grund für den Krieg gegen die Ukraine genommen.

Das Dilemma von Frau Baerbock scheint einerseits ihr dickhäutiges Verhalten in der Politik zu sein sowie der Wunsch als deutsche Madeleine Albright wahrgenommen zu werden und andererseits einen täglich größeren Scherbenhaufen in der europäischen und leider auch weltweiten Politik zu hinterlassen. Um auf ihre Worte zurückzukommen, nicht „wir sind in einer anderen Welt aufgewacht“, sondern sie in dem Moment als sie Außenministerin wurde …

Mag das Dilemma bei Frau Baerbock eher politischer Natur sein, so ist es bei Herrn Habeck ein wirtschaftliches. Es fällt schwer zu erklären, dass einerseits das Gas knapp und teurer werden wird und dies ist beim Öl nicht anders. Andererseits Gas, welches aus Russland kommt (Nord Stream I) an Polen weitergeleitet (Jamal-Pipeline) und Nord Stream II als Ausgleich nicht in Betrieb genommen wird. Auch hier gilt Ursache und Wirkung klar auseinander zu halten. Erst wird durch eigenes Handeln der Rohstoff verknappt und teurer gemacht und dann werden Steuergelder genommen, um eigenes Fehlverhalten irgendwie zu kaschieren. Hinzu kommen klimaschädliche Entscheidungen, welche das bisherige „Grün“ rabenschwarz erscheinen lassen. Übrigens gab es die deutlich höhere Inflation schon vor dem Ukraine-Krieg, ebenso wie die Gespräche zum 100 Milliarden Sondervermögen der Bundeswehr schon im letzten Jahr geführt wurden, allein es fehlte der begründbare Anlass hierfür.

Auch das sei erwähnt, die Regierung hat zwar einen Tankrabatt für 3 Monate gewährt, aber warum sie nicht ähnlich wie die EEG-Umlage auch gleich die CO2-Steuer abschafft, erschließt sich mir nicht. Oder doch, wenn demnächst die Kohlekraftwerke wieder laufen und unser Atomstrom selbst produziert wird, dann wird der Preis allein schon deshalb teurer, weil die CO2-Bepreisung entsprechend ansteigt und Mehrwertsteuer darauf auch noch anfällt.

Ursachen für all das was derzeit als Dilemma und Zeitenwende bezeichnet wird sind in dem Handeln der aktuellen, in Teilen auch vergangenen Deutschen Regierungen zu finden, die Wirkungen dagegen werden wir und unsere Kinder und Enkel erleben „dürfen“.
Auch wenn Lesen bildet, so reicht dies derzeit bei weitem nicht aus um jeden Tag mit gesundem Optimismus durchs Leben zu gehen und deshalb wünsche ich mir, dass dieses Jahr Weihnachten nicht die Fußballweltmeisterschaft das Highlight ist, sondern ein diplomatisch beendeter Ukraine-Krieg.
Alexander Rathnau
Anmerkung der Redaktion:
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Autor: red

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