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nnz-Betrachtung zum Treffen des MDR mit dem CDU-Wirtschaftsrat

Transparenz beim Rundfunkbeitrag eingefordert

Dienstag, 30. August 2022, 19:55 Uhr
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk Deutschlands steckt tief in der Krise. Nachdem erst im letzten Jahr eine Erhöhung der ohnehin üppigen Rundfunkgebühren gegen den Widerstand einzelner Landesparlamente (Sachsen-Anhalt) durchgesetzt wurde, treten jetzt immer mehr Verfehlungen und Skandale in den Sendern zutage. Heute trafen sich der MDR mit dem CDU-Wirtschaftsrat …

Professor Dr. Karola Wille, Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) und Dr. Dirk Schröter, Vorsitzender Landesverband Sachsen im Wirtschaftsrat der CDU  (Foto: Karsten Seifert) Professor Dr. Karola Wille, Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) und Dr. Dirk Schröter, Vorsitzender Landesverband Sachsen im Wirtschaftsrat der CDU (Foto: Karsten Seifert)

Ausgelöst durch die Aufdeckung der Korruption und Vetternwirtschaft im Rundfunk Berlin-Brandenburg, wo für einige aus Rundfunk eine Rundumversorgung auf Kosten der Gebührenzahler wurde, kommen immer mehr Merkwürdigkeiten ans Licht. Patricia Schlesinger ist in Berlin erst dann fristlos entlassen worden, als der Druck der Öffentlichkeit immer größer und bekannt wurde, dass die Dame sich für mehrere Hunderttausend Euro ihre Büroetage umbauen ließ.

Doch auch über Inhalte wird debattiert und im hohen Norden (im NDR-Rundfunkhaus in Kiel) beschwerten sich gleich neun Redakteure bei ihrem Redaktionsausschuss, dass die „Berichterstattung teilweise verhindert und kritische Informationen heruntergespielt werde“. Als gäbe es einen „politischen Filter“, beklagten die NDR-Journalisten, als seien die Führungskräfte „Pressesprecher der Ministerien“.

In der Tat sind ja schon einige Journalisten in der Politik als Pressesprecher gelandet, wenn wir nur an die Karriere des langjährigen Merkel-Sprechers und ehemaligen ZDF-Nachrichtensprechers Steffen Seibert denken.

Heute trafen sich in Magdeburg die MDR-Intendantin Karola Wille nebst MDR-Vorständen mit Vertretern des Wirtschaftsrates Mitteldeutschland. Nicht mehr dabei war allerdings die ehemalige MDR-Chefin Sachsen-Anhalts Ines Hoge-Lorenz, die am Freitag ihren Rücktritt verkündet hatte. „Ich habe es vor meinem Amtsantritt als Landesfunkhausdirektorin Sachsen-Anhalt versäumt, klar darüber zu informieren, dass mein Ehemann vor zehn Jahren in der Causa Foht eine Rolle gespielt hat“, war ihre Begründung. In dieser Sache kommt es nun zum Prozess, denn der ehemalige MDR-Unterhaltungschef Udo Foht wird im September angeklagt und muss sich wegen des Verdachts der Bestechung verantworten (die Rede ist hierbei laut BILD-Zeitung von Millionenbeträgen). Hoge-Lorenz’ Ehemann war damals Geschäftsführer einer Produktionsfirma (neoproductions TV und Film GmbH), die für den MDR arbeitete. Ines Hoge-Lorenz war MDR-Planungsredakteurin.

Doch zurück zum heutigen Treffen: „Mitteldeutsche Wirtschaftsräte mahnen Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an“, heißt es recht martialisch in der Überschrift der Pressemeldung des CDU-Wirtschaftsrates. Im Text klingt das dann aber wesentlich moderater. Die Wirtschaftsräte „unterstützen die notwendige faktenbezogene und unabhängige Berichterstattung durch die öffentlich-rechtlichen Medien. Deren Nutzung zur Meinungsbildung auf Basis breiter und umfassender Informationen setzt Akzeptanz und Vertrauen voraus.“ Ob dieses Vertrauen bei der mitteldeutschen Wirtschaft etwa erschüttert wurde, erfahren wir nicht, dafür folgen Tiraden der Wichtig- und Richtigkeit der „Informationsvielfalt und Transparenz in der Verwendung der Rundfunkbeiträge“ und wie der MDR und die gesamte ARD dem gerecht würde.
 
Doch dann wird der Bericht deutlicher und verweist auf ein Treffen gestern in Leipzig mit der Intendantin und dem Führungsteam des Mitteldeutschen Rundfunks. Hier hätten die Landesverbände des Wirtschaftsrates von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angemahnt. „Die aktuellen Entwicklungen, insbesondere beim RBB haben gezeigt, dass über die Implementierung eines umfassenden, unabhängigen Compliance-Management-Systems in den Sendeanstalten hinaus Transparenz auf allen Führungs- und Arbeitsebenen sowie eine aktiv gelebte Compliance-Kultur und wirksame Kontrolle erforderlich sind, um Compliance-Verstöße präventiv zu verhindern. Hier kommt der Senderleitung sowie den Aufsichtsgremien eine besondere Verantwortung und Vorbildfunktion zu“, unterstrich Dr. Dirk Schröter, Landesvorsitzender des Wirtschaftsrates Sachsen. Zudem empfahl er mehr Transparenz bei der Verwendung der Beitragsmittel.

Der Begriff Compilance bedeutet in diesem Zusammenhang die Erfüllung von Anforderungen; im engeren Sinne Rechtskonformität und Einhaltung von Gesetz und Recht durch das Unternehmen und seine Mitarbeiter sowie „Integrität, Redlichkeit und Geschäftsethik“. Wenn also die Damen und Herren Wirtschaftsräte so sehr darauf drängen, die Compilance durchzusetzen, könnte es zwischen den Zeilen meinen, dass sie nicht so recht an deren Umsetzung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk glauben oder doch zumindest Zweifel daran hegen.

„Unsere Aufgabe ist es, in Zeiten von Unsicherheit und Wandel ein Fundament an Fakten zu bieten, auf dessen Grundlage die Gesellschaft auch in schwierigen Zeiten miteinander im Gespräch bleibt. Dazu gehört, dass wir den Anspruch auf sorgfältige journalistische Arbeit und einen wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit dem uns anvertrauten Geld einlösen“, beruhigte die MDR-Intendantin Prof. Dr. Karola Wille. Der MDR verfüge bereits über ein Compliance-Management-System und sogar eine externe Ombudsfrau, betonte sie weiter. Als zusätzlichen Beweis transparenter Arbeit führte sie an, dass „der MDR und die ARD jährlich einen Bericht über das Finanzvolumen externer Auftragsproduktionen“ veröffentlichen würden. Das ist also ein normaler Geschäftsbericht, wie ihn jeder kleine Handwerker auch für das Finanzamt verfasst.

Die drei Landesvorsitzenden des Wirtschaftsrates brachten ihr Bedauern zum Ausdruck, dass durch die aktuellen Vorkommnisse die Medien weiter an Akzeptanz verloren hätten. Das wirke sich auch negativ auf die anhaltende Beitragsdebatte aus, schlussfolgerten sie. „Der aktuelle Skandal beim RBB ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker des beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Damit wurde ARD und ZDF insgesamt ein Bärendienst erwiesen“, so die Wirtschaftsvertreter. Mit ein wenig Phantasie ist hier auch herauszulesen, dass eventuell nicht mehr jede Beitragserhöhung wie in den letzten Jahren von allen Parteien (außer einer) einfach durchgewinkt werden.

Das schriftliche Fazit der Wirtschaftsräte ist jedoch wieder versöhnlich: „Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung basiert auf einer faktenbezogenen, unabhängigen Berichterstattung. Diese dauerhaft zu gewährleisten, ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag, den auch die Wirtschaft unterstützt.“

Allerdings sagen diese allgemein und leicht gesteltzt wirkenden Sätze nicht aus, wie diese „faktenbezogenen, unabhängigen Berichterstattung“ nach dem Willen des Wirtschaftsrates finanziell oder auch personell untersetzt sein soll. Die AfD als einzige Partei, die immer dagegen stimmt, wenn es um die Beitragserhöhungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht, fordert schon seit Jahren einen „Grundfunk“, der sich auf die wesentliche Berichterstattung beschränkt. Dazu schlagen die Alternativen vor, Sender zu verkleinern oder das ZDF in Mainz sogar aufzulösen; vor allem aber die Selbstbedienungsmentalität in den Vorstandsetagen zu beenden. MDR-Intendantin Wille äußerte kürzlich in einem Interview, dass sie nicht mehr als die jetzigen 290.000 Euro im Jahr haben möchte. Das sind im Monat 24.167 Euro Gehalt aus den von der GEZ eingezogenen Gebührengeldern der Deutschen.

In der letzten nnz-Umfrage haben sich 2031 der teilnehmenden 2300 Leser für eine grundlegende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausgesprochen (entspricht 88,3 Prozent). Da werden selbst die Kritiker der Kritik zugeben müssen, dass sich in nicht unerheblichen Teilen der Bevölkerung ein gewisser Unmut über Programm, Management und vor allem Preis des Angebotes breit macht.

Die nächste Gebührenerhöhung ist unabhängig der gerade grassierende Inflation schon fest eingeplant bei der ARD. Kommt sie nicht, könnte das Programm darunter leiden und es müssten Abstriche gemacht werden, drohten bereits einige hochrangige Vertreter. Wir wissen nicht, was der Wirtschaftsrat der CDU seinen Landtagsabgeordneten für die nächste Abstimmung empfiehlt, aber wir hoffen, die Entscheidung möge weise ausfallen.
Olaf Schulze
 

Autor: osch

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