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Nachgedacht:

Willkommen im Mittelmaß

Freitag, 02. Dezember 2022, 15:10 Uhr
Zugegeben, meine Affinität für das Fußballspiel war schon mal größer. Das gilt sowohl für den lokalen Fußball als auch für den nationalen. Denn das, was auf den Sportplätzen dieses Landes passiert, das ist symptomatisch für das ganze Land…

Abgeflogen (Foto: @Photographer: Oliver Roesler) Abgeflogen (Foto: @Photographer: Oliver Roesler)
Wacker Nordhausen, der Verein, dem ein Vierteljahrhundert meine “Fußball-Liebe” galt, ist mittlerweile dort angekommen, wo er hingehört: auf einem Abstiegsplatz in einer Liga, die eigentlich kein Verein bespielen will. Und “Die Mannschaft” ist nach dem gestrigen Tag endlich dort angelangt, wo sie eigentlich seit mehr als vier Jahren ebenfalls besser aufgehoben ist - im sportlichen und kämpferischen Mittelmaß.

Die Spieler, die scheinbar sorglos die vier Sterne auf dem Trikot tragen, sind sich ihrer Verantwortung nicht bewusst. Noch schlimmer, sie sind sich nicht einmal über die Bedeutung der Sterne im Klaren, die auch was mit Tradition zu tun haben. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft war viermal Weltmeister und dreimal Europameister. Den letzten WM-Titel gab es im Jahr 2014. Ein Jahr später wurde der Titel “Die Mannschaft” erfunden. Deutsch und Nation mussten verschwinden, es musste dem Mainstream angepasst werden. Andere Nationen mit echten Nationalmannschaften belächelten die Verwandlung. Nur keinem zu nahe treten, vielleicht fühlt man sich anderenorts auf dieser Welt durch die deutsche Nation bedrängt?

Fest steht, dass die Umbenennung der Sympathie zur Mannschaft sehr abträglich war. Europameistertitel wurden seit 1996 nicht mehr geholt und mit dem Weltmeister war es dann ganz und gar vorbei. Und ein wenig ging mit der Zeit auch die Identifizierung derjenigen mit der Nation verloren, die für die Nationalmannschaft auserkoren wurden. Da, wo Fußballer anderer Nation einen gewissen Stolz verbinden, da schien hierzulande die Summe der ausgehandelten Belohnung mit dem DFB wichtiger.

Der deutsche Fußball war im Mittelmaß angekommen und fühlt sich seitdem dort pudelwohl. Mitunter konnten oder wollten die Stars nicht einmal die Nationalhymne mitsingen. Jetzt bewegen sie wenigstens die Lippen, wenn die Kamera in Großaufnahme vorbei getragen wird. Es scheint so, als wenn es keine Identifizierung mit der Heimat gibt. Zumindest nicht beim Vergleich mit anderen Mannschaften, die sich „Squadra Azzurra“, „Three Lions“, „Oranje“ oder „Equipe Tricolore“ nennen. So richtig emotional ist mir von dieser WM ein Moment in Erinnerung, als der Multimillionär Robert Lewandowski nach seinem Tor Tränen der Freude in seinen Augen hatte. Er weinte, weil er für sein Heimatland Polen ein Tor bei dieser WM erzielt hatte.

Wann ich das je bei einer deutschen Mannschaft gesehen hatte, kann ich nicht sagen oder aufschreiben. Ist auch egal: es spielt in diesem …land keine Rolle mehr. Man könnte Minderheiten mit zu viel Stolz auf die eigene Nation in ihren Gefühlen verletzen. Also: Wir werden uns mit dem Mittelmaß begnügen müssen. In diesem Fall mit dem sportlichen Mittelmaß.

Dafür waren die Mitglieder der “Mannschaft” und vor allem die sportpolitischen Vorgesetzten schon Haltungs-Weltmeister, bevor zum ersten Spiel gegen Japan angepfiffen wurde. Man zeigte der FIFA, diesem obskuren Fußballladen, wo der Haltungshammer hängt. Frau Innenministerin provozierte mit einer Armbinde und die Mannschaft musste sich den Mund zuhalten. Selbst die ARD als Chefmeinungsmacher musste gestern im Interview mit dem Obergeschäftsführer “Olli” Bierhoff anführen, dass nicht alle Spieler anfänglich bereitgewesen seien, ihren Mund zu verdecken. Peinlicher geht es nicht und wenigstens sind die Deutschen nun die “Weltmeister der Ausgelachten”.

Der Schweizer Nationalspieler Xhaka sagte bei einer Pressekonferenz „Ich persönlich habe das Bild nicht gesehen, das die Deutschen gemacht haben. Ich habe nur mitbekommen, was sie gemacht haben. Eine Geste, die jetzt Deutschland entschieden hat, aber ich glaube nicht, dass wir als Schweiz irgendetwas machen müssen.”

Das Mittelmaß im Fußball ist symptomatisch für beinahe das ganze Land. Es will derweil die komplette Welt nicht nur retten, sondern nebenbei noch die gesamte Atmosphäre dieses Planeten reinigen, die Weltmeere von Plastikmüll und die eigenen Straßen von Autos befreien. Es will die alternativlose Demokratie anderen Systemen aufoktroyieren, provoziert Länder mit nunmal anderen Rechtssystemen und schließt Tage später Handelsabkommen mit denen ab, die man öffentlich belehren will. Soll am deutschen Wesen wirklich wieder die gesamte Welt genesen?

Das will vermutlich niemand, denn wer will schon ein Land des Mittelmaßes zu seinem Vorbild haben? Schauen wir in die Bildung, in die berufliche Ausbildung, in die Art und Weise, wie zwischen Greifswald, Bremen oder Hamburg im Norden und München, Dresden oder Heidelberg im Süden studiert wird. Kann für andere Nationen ein Land ein Vorbild sein, in das jeder ohne Ausweis reinkommt und bleiben darf, sofern er das Wort “Asyl” einigermaßen fehlerfrei über seine Lippen bekommt? Um anschließend in den Sozialsystemen einen angenehmen Aufenthalt zu genießen?

Ist das Land wirklich ein Vorbild, wenn bei Aufnahmeverfahren für eine Ausbildung im öffentlichen Dienst die Anforderungen der Bewerber immer weiter nach unten geschraubt werden, um wenigstens einen Teil der offenen Ausbildungsstellen besetzen zu können? Was nutzt die technische Ausbildung von jungen Menschen, wenn die vor der erfolgreichen Entlassung aus der 10. Klasse vier Jahre lang keinen Physikunterricht hatten?

Die deutsche Fußballnationalmannschaft kann jetzt das Weihnachtsfest in Ruhe vorbereiten und muss sich nicht in diesem Katar der Autokraten auf dem Fußballfeld aufreiben. Hauptsache Haltung gezeigt. Irgendeine Auszeichnung wird die Bundesministerin des Innern und für Heimat von Deutschland schon parat haben. Vielleicht ja eine Armbinde mit “One Love”-Spruch drauf und einer persönlichen Widmung von Frau Faeser.
Peter-Stefan Greiner
Autor: psg

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