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Di, 12:00 Uhr
25.08.2020
Bildungsarbeit in Thüringer Kitas

Zu wenig Personal

Viele Kitas in Thüringen können ihren Bildungsauftrag aufgrund unzureichender Rahmenbedingungen nicht oder nur eingeschränkt umsetzen – trotz des Ausbaus der Kita-Plätze und der Investitionen in zusätzliches Personal in den vergangenen Jahren. Konkret heißt das...

Grafik (Foto: Bertelsmann Stiftung) Grafik (Foto: Bertelsmann Stiftung)
Am 1. März 2019 war der Personalschlüssel in Thüringen für rund 70.200 Kita-Kinder nicht kindgerecht. Für 95 Prozent der Kinder in amtlich erfassten Kita-Gruppen stand somit nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung. Das ist nach Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen (jeweils 96 Prozent) der bundesweit höchste Anteil.

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Dies bedeutet, dass in Thüringen 2019 rein rechnerisch in Krippengruppen durchschnittlich 5,4 Kinder auf eine Fachkraft kamen. In Kindergartengruppen waren es 11,6 Kinder. Sechs Jahre zuvor lag in Krippengruppen der Personalschlüssel ebenfalls bei 1 zu 5,4 und in Kindergartengruppen bei 1 zu 11,2. Damit gab es keine Verbesserung der Personalausstattung für die jüngeren Kindern und sogar eine Verschlechterung der Situation für die älteren Kinder.

Eine solche Entwicklung erfolgte in diesem Beobachtungszeitraum in keinem anderen Bundesland. Nach Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung sollten in Krippengruppen rechnerisch 3 Kinder auf eine Fachkraft kommen und in Kindergartengruppen maximal 7,5. Zu diesen Ergebnissen kommt das diesjährige Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung.

Bildungschancen hängen in Thüringen nach wie vor vom Wohnort ab
Die Ergebnisse des Ländermonitorings machen darüber hinaus erneut deutlich, dass die Bildungschancen in Thüringen vom Wohnort abhängen:

Grafik (Foto: Bertelsmann Stiftung) Grafik (Foto: Bertelsmann Stiftung)
So ist im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt (1 zu 13,5) eine Fachkraft rein rechnerisch für 2,7 Kindergartenkinder mehr verantwortlich als im Landkreis Hildburghausen (1 zu 10,8). Im angrenzenden Sachsen hängen die Bildungschancen deutlich weniger vom Wohnort ab (von 1 zu 11,5 bis 1 zu 12,7).


Im Krippenbereich zeigt sich innerhalb von Thüringen ein geringeres Gefälle; allerdings liegt dieses wie in den Kindergartengruppen im bundesweiten Vergleich auf einem mittleren Niveau. So betreut eine Fachkraft im Landkreis Sömmerda im Durchschnitt nur 4,9 Krippenkinder und im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt 6,3 sind. Während die regionalen Unterschiede seit 2016 für die jüngeren Kinder gleichgeblieben sind, fallen sie aktuell für die älteren Kinder etwas geringer aus.

Kindgerechte Gruppengrößen und hohes Qualifikationsniveau in Thüringen
Neben dem Personalschlüssel sind sowohl die Gruppengrößen als auch das Qualifikationsniveau des pädagogischen Personals Gradmesser für eine gelingende Bildungsarbeit in Kitas. Von allen amtlich erfassten Kita-Gruppen sind in Thüringen 33 Prozent zu groß. Dies ist bundesweit nach Mecklenburg-Vorpommern (19 Prozent), Berlin (29 Prozent), Brandenburg (32 Prozent) und Sachsen (33 Prozent) der günstigste Anteil unter allen Bundesländern. Wie auch in anderen ostdeutschen Ländern sind in Thüringen die unter Dreijährigen häufiger von un-günstigen Gruppengrößen betroffen (46 Prozent) als die ab Dreijährigen (42 Prozent), wenngleich die Differenz zwischen den Altersgruppen hier gering ausfällt.

In den westdeutschen Bundesländern ist es genau umgekehrt. Nach wissenschaftlichen Empfehlungen sollten Gruppen für jüngere Kinder nicht mehr als zwölf Kinder umfassen, für die Älteren nicht mehr als 18. Zu große Gruppen bedeuten für die Kinder und das Fachpersonal übermäßigen Stress, etwa durch Lautstärke, und können dazu führen, dass entwicklungsangemessene Aktivitäten nicht ausreichend durchgeführt werden.

Die Qualifikation des Kita-Personals ist in Thüringen im Vergleich zu der Situation in anderen Bundesländern auf einem hohen Niveau: Von den gut 15.400 pädagogisch arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (ohne Horte) sind 87 Prozent als Erzieherin bzw. Erzieher ausgebildet. Dies ist neben Mecklenburg-Vorpommern (87 Prozent) und nach Brandenburg (88 Prozent) unter allen Bundesländern der höchste Anteil. In Westdeutschland trifft dies im Durchschnitt nur auf 66 Prozent der Fachkräfte zu. Hier arbeitet ein deutlich größerer Anteil der Fachkräfte (16 Prozent) auf Assistenzniveau als in Thüringen (2 Prozent), beispielsweise als Kinderpflegerin oder Sozialassistentin.

Für Kathrin Bock-Famulla, Bildungsexpertin der Bertelsmann Stiftung, zeigen die aktuellen Daten, dass Thüringen bei zwei Einflussfaktoren für eine gute Bildungspraxis gut aufgestellt ist: „Thüringen muss dringend die Personalschlüssel der Kitas verbessern. Ein hohes Qualifikationsniveau und kleine Kita-Gruppen ermöglichen nur im Zusammenspiel mit ausreichend Personal eine kindgerechte Bildungspraxis.“

Wie sich der im Ländermonitoring aufgezeigte Personalmangel und die unzureichenden Kom-petenzen des Personals in der pädagogischen Praxis auswirken, zeigt aktuell eine qualitative Studie der FernUniversität in Hagen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Die bundesweit befragten Kita-Teams beschreiben, dass sie bei Personalmangel weniger auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen können und deren individuelle Förderung in den Hintergrund treten muss. Zusätzlich wird für die Kita-Teams die Realisierung einer guten Bildungspraxis erschwert, wenn die Qualifikationen des Personals unzureichend sind. Insgesamt sehen die Befragten die Umsetzung des Bildungsauftrags der Kitas oftmals gefährdet.

Bildungsauftrag nur mit ausreichend und gut qualifiziertem Personal zu erfüllen
Für den weiteren Ausbau der Personalressourcen in Thüringen ist eine Gesamtstrategie notwendig: Bei Novellierungen der landesrechtlichen Regelungen müssen das Zusammenwirken von Personalschlüssel, Gruppengröße und Qualifikationsniveau berücksichtigt sowie verbindliche Stufen zum Ausbau festgelegt werden.

Bock-Famulla warnt darüber hinaus, dass der zusätzliche Personalbedarf nicht durch einen Ausbau von Ausbildungsgängen unterhalb des Erzieherinnenniveaus angestrebt werden sollte. Eine Absenkung des Qualifikationsniveaus verschlechtert die Bildungsqualität. Außerdem sei es dringend erforderlich, attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen zu schaffen genauso wie eine angemessene Bezahlung. Dem akuten Personalmangel könne durch die Einstellung von Hauswirtschafts- und Verwaltungskräften entgegengewirkt werden, die das Kita-Personal entlasten.
Autor: red

Kommentare
vom-Dorf
25.08.2020, 15.26 Uhr
Elternsache
Für Bildung in diesem Alter sind in erster Linie die Eltern zuständig, wie für die Erziehung auch und keine durch ein putziges Gesetz definierte Einrichtung. Unsere Kinder waren wegen der sozialen Kontakte mit Gleichaltrigen und des geregelten Tagesablaufs in der Betreuungseinrichtung. Sie sollten dort einen schönen Tag haben, spielen, Sozialkompetenz lernen und sich das Eine oder Andere Abschauen. Die Einrichtung muss viele Dinge im Namen des "Bildungsauftrages" erledigen, ich war der Meinung - zu viel, dafür bleiben viele andere Beschäftigungen zeitweise auf der Strecke. Unsere Kommune hat mit einer wundervollen Kindertagesstätte, und qualifiziertem Personal viel getan. Aber man muß mich, im Bereich der frühkindlichen Bildung, als Elternteil nicht entlasten, maximal unterstützen. Ich finde jedoch gut, dass angesprochen wird, dass es zu wenig Verwaltungs- bzw. Hauswirtschaftspersonal gibt, denn es ist wirklich ein Problem, wenn die Erzieher auch noch die Aufgaben vom Hausmeister und den Reinigungskräften übernehmen sollen.
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